Transnationale Identifikation

Transnationale Identifikation unter Türkeistämmigen in Deutschland ist weit verbreitet

 

Essen, 15. Oktober 2019.Einmal mehr steht die Identifikation der Türkeistämmigen in Deutschland, ihr Verhältnis zur Türkei und die Unterstützung der aktuellen Regierungspolitik im kritischen Fokus der deutschen Öffentlichkeit. Dabei sollte jedoch deutlich unterschieden werden zwischen der heimatlichen Bindung der Türkeistämmigen an das Herkunftsland der Eltern und der Unterstützung der derzeitigen türkischen Regierung – denn beides muss keineswegs miteinander in Verbindung stehen. 


 Im Jahre 2017 führte das Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung eine bundesweite Befragung unter erwachsenen Türkeistämmigen zu ihrer Identifikation und politischen Partizipation durch. Im Ergebnis zeigte sich, dass die weit überwiegende Mehrheit der Türkeistämmigen in Deutschland – auch wenn sie bereits hier geboren wurden - neben der Verbundenheit zu Deutschland nach wie vor eine enge Bindung an die „Heimat“ Türkei im Sinne einer familiären Verwurzelung und kulturellen Prägung empfindet. Dabei ergänzen sich die beiden Identitäten, sie stehen nicht in einem Konkurrenzverhältnis. Auch das politische Interesse der Türkeistämmigen bezieht sich auf beide Länder gleichermaßen, wobei ein hohes Interesse an türkischer Politik auch mit einem hohen Interesse an deutscher Politik verbunden ist. 


Die Bindung an die Türkei hat bereits vor dem Putschversuch im Jahre 2016 in der Türkei gerade unter Nachfolgegenerationsangehörigen etwas zugenommen. Allerdings zeigte sich auch eine bereits seit 2010 bestehende, sehr hohe Bedeutung der türkischen Regierung als Interessenvertreterin und eine als gering wahrgenommene Interessenvertretung durch deutsche Institutionen. Die Stärkung der Türkeiorientierung und die Unterstützung der türkischen Regierung bei jungen Türkeistämmigen kann dabei mit dem sehr weit verbreiteten Gefühl von Andersartigkeit und Distanz, mit geringer Teilhabe sowie als mangelhaft wahrgenommener Akzeptanz – besonders seitens der Politik – der Mehrheitsgesellschaft erklärt werden. Der Grad der Integration spielt jedoch nur eine untergeordnete Rolle.


Um der Anfälligkeit junger Türkeistämmiger in Deutschland gegenüber dem offensiven Werben der türkischen Regierung zu begegnen, gilt es einerseits, die Akzeptanz der Türkeistämmigen in Deutschland trotz ihrer bikulturellen Identität als vollwertige Bürger zu akzeptieren und damit auch ihre Bindung an Deutschland zu stärken. Zugleich ist jedoch auch dringend geboten, das politische Bewusstsein und das Verständnis von Demokratie zu stärken. Hierzu führt das ZfTI in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung Dialogveranstaltungen vor Ort durch.


Die Studie des ZfTI zu Identifikation und politischer Partizipation finden Sie hier

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